1. Workshop des Bürger:innenrat
Worum geht es im Projekt
Mit insgesamt drei Workshops wird die partizipative Herleitung einer "Vision Ferlach 2040" angestrebt. Ziel ist es, auf Basis dieser Vision, konkrete Maßnahmen und Pionierprojekte von heute bis 2040 auszuwählen und festzulegen, welche größtmögliche Akzeptanz genießen. Der dem Prozess zugrundliegende Gedanke ist, dass Umsetzung, Partizipation und politischer Wille die kritischen Erfolgsfaktoren zum Erreichen der Klimaneutralität sind.
"Wie wollen wir in Ferlach bis 2040 klimaneutral werden" - diese Frage steht im Mittelpunkt der Workshops. Dabei widmet sich der erste Workshop einer gemeinsamen Entwicklung von Zukunftsbildern - wie sieht ein klimaneutrales Ferlach aus?
Ziel des zweiten Workshops ist die Auwahl eines Zukunftsbilds.
Der dritte und entscheidende Workshop gilt der Herleitung eines Entwicklungspfads zur Erreichung dieses Zukunftsbilds, ausgehend von der Gegenwart bis ins Jahr 2040.
Der Erste Workshop
Der erste Workshop fand am 2. und 3. Dezember im Rathaus der Gemeinde Ferlach statt. Begrüßt wurde der Bürger:innenrat durch Bürgermeister Ingo Appé und Kernteam-Vertreter und Geschäftsführer des Verbands Austria Solar, Roger Hackstock. Seitens des Bürgermeisters, wurde dem Bürger:innenrat ausdrücklich zugesichert, dass die Ergebnisse der Workshops, namentlich die Vision Ferlach 2040, Eingang in den Gemeinderat finden und zu entsprechenden Maßnahmen und Pionierprojekten führen werden. Prof. Stagl führte anschließend durch den dichten Ablaufplan der zwei Tage. Die Moderation des Workshops übernahmen Holger Heller und Mischa Altmann von Quantuum Consulting.
Warum bin ich heute wirklich dabei?
Die Teilnehmer:innen teilten Motivationen für ihre Teilnahme an den Workshops mit. Einige sprachen ihr Bedürfnis aus, einen "Beitrag zur Klimaneutralität leisten" zu wollen, mehr "ins Tun zu kommen", an einem "Bottom-Up Prozess" eingebunden zu sein, mit der "Gemeinde gemeinsam etwas machen" zu wollen. Andere vertraten die Ansicht "allein schaffen wir es nicht", "die Zukunft hängt von uns ab", "wir brauchen alle". Dieses Projekt schaffe die Möglichkeit "Mitstreiter [zu] finden" und ein "globales Thema auf eine kleinst-Region umzulegen".
Was hat bedeutenden Einfluss auf eine klimaneutrale Zukunft Ferlachs?
Alle Teilnehmer:innen wurden dazu aufgefordert aufzuschreiben, was Ihres Erachtens nach bedeutenden Einfluss auf die Klimabilanz Ferlachs hat, bzw. wo sie besondere Hebel und Wirkungsbereiche für die Nachhaltigkeitswende erkennen. Gesammelt wurden unterschiedlichste Faktoren: aus dem Bereich der Verkehrs- und Stadtplanung (z. B. funktionierende Öffis für Schichtarbeiter:innen, oder Fahrgemeinschaften bei Pendlern fördern), dem Ausbau und der Förderung erneuerbarer Energien und der Steigerung von Energieeffizienz (z.B. mittels Investitionsförderungen oder gesetzlichen Vorgaben), aus der Landnutzung (Nutzung bestehender Gebäude, Stadterweiterung durch Nachverdichtung statt Flächenversiegelung), aus dem Gebäudebereich (Förderung und Forderung thermischer Sanierungen) und zum Thema Biodiversität. Stark betont wurden auch der Mangel an öffentlichem Bewusstsein, und der Bedarf nach bewusstseinsbildenden Maßnahmen an Schulen, Betrieben und im öffentlichen Bereich.
Prioritätensetzung und Ausprägungen
Die gesammelten Wirkungsbereiche und -instrumente (hiernach "Faktoren") wurden anschließend auf einer Prioritätenmatrix platziert. Die Platzierung hatte die Einschätzung zweier Eigenschaften jedes einzelnen Faktors zu berücksichtigen: (1) ob sich der Faktor direkt oder indirekt (durch Umwege) auf die Klimabilanz Ferlachs auswirkt, und (2) wie sicher oder unsicher der Faktor zu einer Klimabilanzverbesserung führt (z.B. aufgrund seiner technischen Erprobtheit).
Zur Weiterverarbeitung gelangen jene 56 Faktoren, die von den Workshop-Teilnehmer:innen, mit fachlicher Unterstützung vom wissenschaftlichen Team, als besonders sicher und direkt eingestuft wurden.
Grundspannungen
Eine erste Begutachtung der gesammelten Faktoren offenbarte eine Reihe an Grundspannungen zwischen den Herangehensweisen hin zu einer klimaneutralen Zukunft.
- Stadt oder Land: Welcher Raum bedarf Aufmerksamkeit?
- Öffentliche oder private Maßnahmen: Wessen Aufgabe ist die Erreichung der Klimaneutralität?
- Verbote oder Anreize: Welcher Maßnahmenzugang ist geeigneter?
- Kollektive oder individuelle Verantwortung: Wessen Verantwortung ist die Erreichung der Klimaneuträlität?
- Initiative oder Bekämpfung des "inneren Schweinehunds"
Entwicklungen von Zukunftsbildern: wie schaut ein nachhaltiges Ferlach in 2040 aus?
Der zweite Tag widmete sich ganz der Entwicklung von Zukunftsbildern. Die Workshop-Teilnehmer:innen wurden in vier Kleingruppen aufgeteilt und darum ersucht, mit Hilfe der gesammelten Faktoren des Vortags darzustellen, wie sie sich ein klimaneutrales Ferlach im Jahr 2040 vorstellen. Die komplexe Aufgabe dauerte lang in den Tag hinein und generierte vier unterschiedliche "Zukunftsbilder".
Diese Zukunftsbilder wurden anschließend von den Teilnehmer:innen in Kurztexte umgewandelt. Die Aufgabenstellung verlangte die Erstellung kurzer, fiktiver Zeitungsartikel aus dem Jahr 2040, mit der Platzhalter-Überschrift "Ferlach wird Klimaneutral". Die entstandenen Narrative trugen anschließend die starken Überschriften "Garnica wird Klimaneutral", "Energie- und Mobilitätsmix erreicht", "Ferlach setzt auf die Sonne und gewinnt Klimaneutralität", "Ferlach erstrahlt im grünen Glanz - Lebendige Zusammenarbeit schafft Lebensqualität".
Die Zukunftsbilder und dazu passende Narrative bilden die Grundlage für den zweiten Workshop. In diesem werden sich Teilnehmer:innen gemeinsam für ein Zukunftsbild entscheiden.
Nachhaltigkeitskriterien
Der letzte inhaltliche Programmpunkt des Workshops handelte von Bewertungskriterien. Gemeinsam wurden jene Kriterien identifiziert und ausgewählt, welche in Workshop 3 für die Bewertung von Maßnahmenszenarien zur Erreichung des Zukunftsbilds herangezogen werden.
Zu den gesammelten Bewertungskriterien (und Subkriterien) zählen:
- Klimawandel (CO2-Äquivalente)
- Unabhängigkeit / Anpassungsfähigkeit (Energie, andere Ressourcen)
- Kosten (Leistbarkeit / Auswirkung auf öffentliche Budgets)
- Pro Kopf Grünfläche
- Lebensqualität (Gesundheit & Ernährung, Bildung)
- Saubere Umwelt / Abfall
- Ungleichheit (sozial, ökologisch)
- Versorgungsgrad mit Mobilität
- Eingriff in Rechte / Rechtssicherheit
- Regionaler sozialer Zusammenhalt
- Empowerment
- Regionale Wirtschaftsentwicklung
Was habe ich in unseren 24h gelernt?
Nach zwei intensiven Tagen, setzten sich die Teilnehmer:innen noch ein letztes mal zusammen und hielten fest, was sie von der Workshop Erfahrung mitnehmen. Es wurde von Hoffnung, Motivation, Neugier und Teamspirit gesprochen. Die Kommunikation und der Austausch verschiedener Ansichten, die Wichtigkeit einander zuzuhören, über den eigenen Tellerrand zu blicken, stießen auch auf Widerhall. Für viele ist das Projekt "Vision Ferlach 2040" der erste partizipative Prozess an dem sie teilnehmen.